Politische und ökonomische Stabilität, Doppelbesteuerungsabkommen mit über 60 Ländern weltweit sowie ein Umfeld ohne Einkommen- und Körperschaftsteuern (mit wenigen Ausnahmen) sind einige der Vorteile der Vereinigten Arabischen Emirate (VAE), die auf der Wunschliste für die Errichtung von Strukturen zur Vermögensverwaltung und -folgeplanung regelmäßig einen prominenten Rang innehaben.
Allerdings findet das Scharia Law im lokalen Rechtssystem auch auf nicht dem muslimischen Glauben angehörige Ausländer grundsätzlich Anwendung und stellt diese mit seinen Besonderheiten, insbesondere im Bereich des Erbrechts, vor teils erhebliche Probleme.
Insellösung DIFC
Das Emirat Dubai hat dies frühzeitig erkannt und mit dem Dubai International Financial Centre (DIFC) eine Freihandelszone geschaffen, die über ihre eigene, vom lokalen Rechtssystem abgekoppelte und auf englischem Common Law basierende Gerichtsbarkeit verfügt.
Seit seiner Eröffnung in 2004 bietet das DIFC ein den weltweit führenden Finanzzentren entlehntes, modernes Aufsichtsregelwerk nebst erstklassiger Infrastruktur. Folgerichtig hat sich über die Jahre eine beachtliche Anzahl international führender Bankhäuser, Broker sowie weiterer Intermediäre der Finanzindustrie im Ökosystem DIFC eingerichtet, was gleichzeitig zu einer kontinuierlichen Steigerung der Reputation des Standorts beitrug.
Erst kürzlich wurde das DIFC zur Nr. 10 im Ranking der weltweit besten Finanzplätze gekürt („The Banker“) und verwies damit gleichzeitig seine Mitbewerber auf den Titel für den Primus in der Region auf die Plätze.
Von der Treuhandlösung zum Single Family Office (SFO)
Die Verabschiedung des sogenannten „Trust Law“ in 2005 kann als erster Schritt auf dem Weg zur Bereitstellung eines vollständigen, für Family Offices notwendigen regulatorischen Rahmenwerks gewertet werden. Das Treuhandgesetz erlaubte erstmals – innerhalb des DIFC – „die Begründung eines Treuhandverhältnisses mittels Übertragung von Eigentümerrechten an Grundstücken oder Unternehmensanteilen an eine bestimmte Gruppe, die Begünstigten, unter gleichzeitiger Separierung der Kontrollrechte, der Verwaltung sowie des juristischen Eigentums“.
Im Jahr 2008 folgte die Erweiterung des Regelwerks des DIFC um die sog. „Family Office Regulations“ mit dem Ziel, Single Family Offices die effiziente Steuerung und Verwaltung familieneigener Unternehmen und anderer Assets sowie nicht zuletzt die Nachfolgeplanung und Steueroptimierung zu ermöglichen.
Gemäß Legaldefinition ist ein DIFC Single Family Office dabei eine Körperschaft oder Personengesellschaft, die innerhalb des DIFC ansässig ist und ihre Leistungen ausschließlich einer einzigen Familie anbietet.
Die Restriktion, Asset Management sowie Treuhandservices nur einer einzelnen Familie anbieten zu dürfen, wird dem Single Family Office vom Regulierer im Gegenzug mit einer Reihe von Erleichterungen in Bezug auf die erstmaligen wie auch laufenden Reporting- und Offenlegungspflichten vergütet.
Adaptierbare Architektur
Ein im DIFC domiziliertes Single Family Office kann prinzipiell in unterschiedlichen Rechtsformen errichtet werden, unter anderem sind hier die Kapitalgesellschaften unterschiedlicher Ausprägung („Company Limited by Shares“) sowie Personengesellschaften, z.B. in der Form einer Kommanditgesellschaft („Limited Liability Partnership“), zu nennen.
Gemäß der Vorgaben ist das hinsichtlich seiner Tätigkeit nach innen gerichtete SFO beschränkt darauf, ausschließlich Leistungen zu erbringen an
- Mitglieder der Familie (Individuen),
- der Familie zugehörige Treuhandstrukturen,
- der Familie zugehörige sonstige Rechtsträger sowie
- Familienunternehmen.
Die Familie muss ein Minimum von 10 Mio. USD liquider/investierbarer Mittel sowie die verwandtschaftliche Verbindung der Familienmitglieder untereinander nachweisen.
In gleicher Weise müssen Treuhandgesellschaften sowohl auf der Übertragungs- wie auch auf der Begünstigtenseite mit der Familie verbunden sein; Familienunternehmen sind gemäß Definition unter der Kontrolle der Familie stehende Unternehmen.
Ursprünglich war das DIFC vollständig von der Onshore-Wirtschaft der VAE abgeschirmt. Die im Mai 2017 verabschiedeten Änderungen jedoch erlauben es im DIFC ansässigen Gesellschaften nunmehr, Immobilien im Emirat Dubai zu erwerben und zu halten sowie – ordnungsgemäße Lizenzierung vorausgesetzt – Geschäftstätigkeiten im Inland zu entfalten, was somit in der Praxis zu einer Halbdurchlässigkeit der Grenzen der Freihandelszone führt.
Bausteine: Stabilität durch Flexibilität
Aufgrund der Tatsache, dass lediglich eine bestehende Verbindung zwischen dem Family Office und den natürlichen Personen der Familie oder ihrer jeweiligen Treuhandstrukturen, Organisationen oder Unternehmen gefordert wird, muss das Single Family Office nicht zwingenderweise juristischer Eigentümer der betreuten Vermögensgegenstände sein.
So kann das Family Office entweder als Holding oder alternativ als Dienstleistungen erbringender Servicepartner konzipiert sein.
Zwischenholdingfirmen („Intermediate SPVs“), die oftmals dazu verwendet werden, Holdingstrukturen entlang von Geschäftsfeldern abzubilden, sind ein weiterer Baustein, mittels dessen die Gesamtstruktur an die juristischen und operationellen Anforderungen der Familie angepasst werden können.
Da Intermediate SPVs von der üblichen Notwendigkeit einer eigenen physischen Adresse (Mietflächen) ausgenommen sind – Voraussetzung hierfür ist ein Sitz der jeweiligen Muttergesellschaft innerhalb der Freihandelszone – können solche Vehikel ebenso günstig gegründet wie auch dauerhaft betrieben werden.
Das regulatorische Rahmenwerk des DIFC bietet insoweit eine außerordentliche Flexibilität in Bezug auf die Ausgestaltung der juristischen und wirtschaftlichen Struktur des Familienvermögens sowie seines Managements und ermöglicht praktisch nach Belieben die Verbindung oder Abschirmung zwischen einzelnen Einheiten.
Unter Kontrolle: Nachfolgeplanung
Unabhängig von dem die Single Family Offices betreffenden Regelwerk hat das DIFC ein Nachlassregister („Wills and Probate Registry“) errichtet. Konsequenterweise sind auch hier alle Testament und Nachlass betreffenden Normen basierend auf dem Common Law mit der Folge, dass dem Erblasser bei der Gestaltung des Testaments erhebliche Freiräume eingeräumt werden, anstatt diesen rigiden Regeln bei der Aufteilung oder einem zwangsweise anzuwendenden Erbrechtsregime zu unterwerfen.
Im Erbfall wird das zuständige Nachlassgericht („DIFC Court“) gemäß dem im DIFC Nachlassregister hinterlegten Testament verfahren und gerichtliche Verfügungen – analog zum Erbschein – erlassen, die sowohl innerhalb des DIFC wie auch im Emirat Dubai Gültigkeit haben und somit die Involvierung des lokalen „Dubai Court“ obsolet machen.
Zusammenfassung
Für Familien, die über den Tellerrand der traditionelleren Domizilierungsoptionen hinausschauen, bietet das DIFC eine Reihe stabiler und wohldurchdachter Bausteine für den Aufbau eines Family Office.
Seit seiner Gründung hat das DIFC erhebliche Entwicklungsschritte vollzogen und sich gleichzeitig zu einer eigenen, erstklassigen Jurisdiktion gemausert, die Family Offices flexible, skalierbare Strukturen für die Bereitstellung von Management- ebenso wie Holdingstrukturen ermöglicht.
Die Tatsache, dass Family Offices im DIFC eine Vielzahl hochqualifizierter Dienstleister vorfinden, die u.a. die Bereiche Asset Management und Private Banking, Treuhandservices ebenso wie spezialisierte juristische Dienstleistungen und Wirtschaftsprüfung abdecken, hebt das DIFC zusätzlich von weniger großen alternativen Standorten ab.
Schließlich eröffnet die Domizilierung im DIFC dem Family Office die Möglichkeit, Zugang zu den lokalen Anleihe- sowie Eigenkapitalmärkten zu erlangen, falls das Geschäftsmodell dies erfordert oder wünschenswert erscheinen lässt.
Dieser Artikel erschien zuerst in englischer Sprache in der Herbstausgabe des Family Office Magazine.
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Der Autor berät institutionelle Investoren zu Immobilientransaktionen und betreut Mietportfolios in Dubai seit dem Jahr 2007.
Sollten Sie Rückfragen oder Anmerkungen zu diesem Artikel haben, kontaktieren Sie Herrn Atzert bitte unter author@property-blog-dubai.com.