Angesichts des beobachteten Rückgangs der Mietpreise seit dem Beginn des Abschwungs Mitte 2014 wurden vermehrt Bedenken über die fortgesetzte Ankündigung neuer Projekte durch die lokalen Projektentwickler laut.
Marktbeobachter äußerten vielfach die Befürchtung, die neu konzipierten Projekte könnten zu einem Überangebot und in der Folge zu einer sich nochmals verstärkenden Abwärtsbewegung führen.
In Anbetracht neu verfügbarer Daten hinsichtlich prognostizierter Projektfertigstellungen sowie Zuwanderungszahlen ist es der Zweck dieses Artikels, die in den kommenden Monaten zum Tragen kommenden Angebots- und Nachfrageverhältnisse zu analysieren.
Angebotsseite: Prognosen und Realität
Ursprüngliche, auf Angaben der Projektentwickler basierende Prognosezahlen ließen annehmen, dass in den Jahren 2017 und 2018 insgesamt 104.912 Wohneinheiten (jeweils 34.127 und 70.785 Einheiten) an die Käufer übergeben würden. Demgegenüber lassen die nunmehr aktualisierten Vorhersagen deutliche Verzögerungen bei der Bautätigkeit erkennen und legen nahe, dass 2017 79% der geplanten Fertigstellungen tatsächlich erreicht wurden, während sich diese Zahl für 2018 mit 44% nochmals deutlich niedriger ausnimmt (Quelle: REIDIN). Dabei sind Ist-Zahlen zu den tatsächlich in 2017 fertiggestellten Einheiten bis dato nicht verfügbar.
Während REIDIN für das Jahr 2018 von der Übergabe von 31.266 Einheiten ausgeht, erachtet Immobilienanalyst Jones Lang Lasalle nur einen deutlich niedrigeren Wert von 20.000 Immobilien als realistisch.
Gegenüberstellung: Frühere und aktualisierte Prognosen zur Fertigstellung

Diese nunmehr aktualisierten Vorhersagen legen nahe, dass die Abweichung zwischen ursprünglicher Prognose und der Realität sich binnen lediglich zwei Jahren auf den kolossalen Wert von 46.530 erstellten Einheiten oder gar mehr (Jones Lang Lasalle) belaufen könnte, was die Kassandrarufer bezüglich einer neuen Immobilienschwämme etwas besänftigen sollte.
Nachfrageseite
Die Nachfrageseite der Gleichung bestimmt sich durch die Bevölkerungsentwicklung in Verbindung mit der durchschnittlich eine Wohneinheit nutzenden Bewohner. Letztgenannte Variable hatte sich von 4,5 in 2008 auf 3,9 in 2016 verringert, was bedeutet, dass zu diesem Zeitpunkt eine Million Einwohner im Schnitt 256.000 Einheiten bewohnten, im Jahr 2008 demgegenüber aber noch 222.000 Wohnungen in Anspruch nahmen.
Obwohl dieser langfristig abwärts gerichtete Trend seit 2011 eine zwischenzeitliche Umkehrung verzeichnet, halte ich es für äußerst unwahrscheinlich, dass die vormals gemessenen Niveaus von 4,5 Bewohnern pro Einheit auch nur annähernd wieder erreicht werden. Hierfür spricht insbesondere auch, dass erheblich kleinere, in Kaufpreis und Miete deutlich preisgünstigere Einheiten das Gros der nun in der Erstellungspipeline befindlichen Immobilien repräsentieren.
Da Dubais Bevölkerungszahl zu Beginn 2018 die Drei-Millionen-Marke überschritten hat und der langfristige durchschnittliche Bevölkerungszuwachs sich auf 6,5% beläuft (
Dr. Elessawy, UAE University), lässt dies den Schluss zu, dass es in 2018 in Dubai zu einer Nettonachfrage nach 48.750 Einheiten kommen dürfte (Bevölkerungsanstieg um 195.000 Personen, vier Personen pro Wohneinheit).
Unter Zugrundelegung der von REIDIN (31,266 Einheiten) und JLL (22.000 Einheiten) aktualisierten Prognosen wäre demgemäß bereits in 2018 mit einer mehr oder weniger deutlichen Unterversorgung des Marktes zu rechnen.
Hinzu kommt, dass sich die dubai-weite Auslastung bei wohnwirtschaftlich genutzten Immobilien aktuell auf 88,4% beläuft. Dies bewegt sich im Rahmen des langfristig beobachteten Durchschnitts und bietet demgemäß nur wenig Puffer für die Abfederung einer möglichen Überschussnachfrage.
Umgekehrt sollte nicht außer Acht gelassen werden, dass besonders das Emirat Dubai die Kennzeichen einer sehr „offenen“ Volkswirtschaft trägt und daher maßgeblich von externer Nachfrage – insbesondere in den Bereichen Handel, Baugewerbe und Tourismus – abhängig ist. Investoren sollten sich daher der Tatsache bewusst sein, dass eine Verlangsamung des weltwirtschaftlichen Wachstums oder gar eine internationale Finanzkrise den Wachstumspfad Dubais jederzeit erheblich verschieben können, mit unmittelbar negativen Auswirkungen auf den Arbeitsmarkt, die Bevölkerungsentwicklung sowie schließlich die reale Immobiliennachfrage.
Zudem ist zu beachten, dass die oben angeführten Zuwanderungsdaten auch einfache Arbeiter mit einschließen, die, in Arbeiterunterkünften untergebracht, überwiegend nicht die diesem Artikel gegenständlichen Einheiten nachfragen.
Zusammenfassung
Bewirkt durch eine allgemein verlangsamte wirtschaftliche Entwicklung seit Mitte 2014 haben die Mietpreise im Emirat Dubai in praktisch allen Lagen und Qualitäten graduell nachgegeben.
Aufgrund der Tatsache, dass günstigerer Wohnraum sowie insbesondere günstigere Mietpreise zu einer erhöhten Nachfrage führen – sowohl aus dem Ausland wie insbesondere auch aus den benachbarten Emiraten – werden wir in näherer Zukunft vermutlich Zuwachsraten bei Dubais Bevölkerungszahlen beobachten können, die das langfristige Durchschnittswachstum überschreiten.
Darüber hinaus sorgen eine expansive Finanzpolitik im Vorlauf zur Weltausstellung „Expo 2020“, die fortgesetzte Erholung des Ölpreises sowie nicht zuletzt die Abwertung des fest an den US-Dollar gekoppelten VAE Dirham in wichtigen Währungspaaren (besonders EUR und GBP) für weitere Stimuli. Diese Entwicklungen sollten die externe Nachfrage weiter ankurbeln und die wirtschaftliche Aktivität in den VAE und besonders Dubai beschleunigen.
Auch der Arbeitsmarkt der VAE sendet vermehrt positive Signale. In einer landesweiten aktuellen Umfrage unter Personalverantwortlichen gaben 86% der Teilnehmer an, binnen 12 Monaten weitere Stellen besetzen zu wollen (
Bayt.com Middle East Job Index Survey, February 2018).
Normale Rahmenbedingungen vorausgesetzt, lassen die nun vorliegenden Angebots- und Nachfragedaten im Ergebnis einen weiter verlängerten oder verschärften Abschwung des Immobilienmarkts als das eher unwahrscheinlichere Szenario erscheinen.
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Der Autor Christian Atzert berät institutionelle Investoren zu Immobilientransaktionen und betreut Mietportfolios in Dubai seit dem Jahr 2007. Sollten Sie Rückfragen oder Anmerkungen zu diesem Artikel haben, kontaktieren Sie Herrn Atzert bitte unter
author@property-blog-dubai.com.