Bitcoin und andere Kryptowährungen wie Ethereum oder Litecoin haben in den vergangenen Monaten einen schier unglaublichen Zuwachs an medialer Aufmerksamkeit erfahren.
Damit einher ging eine Versechsfachung des Kurses (in US-Dollar) beim Vorreiter Bitcoin seit Beginn 2017. Hohe Kursgewinne und eine steigende Verbreitung nähren dabei das verständliche Bedürfnis der Nutzer, Kryptowährung zum Kauf von Werten mit echter Substanz, wie z.B. Edelmetallen und Immobilien, zu nutzen.
Von virtuell zu real
Aston Development, Teil einer im britischen Königreich ansässigen Gruppe, sprang Anfang September 2017 mit seinem Off-Plan Development „Aston Plaza & Residences“ auf den Aufmerksamkeitszug auf und bietet seitdem an, 1- bis 3-Bedroom-Einheiten in dem für 2019 zur Fertigstellung terminierten Projekt direkt von der Webseite des Projektentwicklers mittels Zahlung durch Bitcoin zu kaufen.
Als Zahlungsprovider fungiert Bitpay, was in der Praxis bedeutet, dass die de facto in US-Dollar fakturierte Immobilie lediglich bei Durchführung der Transaktion in den aktuell gültigen Bitcoin-Kurs umgewandelt wird. Dies führte unter Bitcoin-Usern teils zu viel Unmut, ist in Anbetracht der hohen Kursschwankungen der virtuellen Währung und aus Sicht des auf Planungssicherheit seiner Einnahmen bedachten Projektentwicklers verständlich.
Nüchtern und nur die Kostenseite betrachtend bleibt zu erwähnen, dass eine vergleichbare Transaktion per Kreditkarte Kosten von rund 2% verursachen würde, während Bitpay für die grundsätzlich vergleichbare Dienstleistung lediglich 1% in Rechnung stellt.
Es ist explizit nicht Gegenstand dieses Artikels, Qualität oder Renditeaussichten des obigen Angebots zu analysieren, vielmehr geht es mir darum, den Status quo wie auch die wahrscheinliche künftige Entwicklung für den Einsatz von Bitcoin und vergleichbaren Währungen zum Kauf bzw. zur Verwaltung von Immobilien in Dubai darzustellen bzw. abzuschätzen.
Das genannte Angebot ist zumindest im Emirat Dubai das erste seiner Art, auch wenn nun bereits kolportiert wird, dass eine Reihe von Immobilieneigentümern in Dubais „Citywalk“ Mietzahlungen in Bitcoin akzeptieren und hierfür Gegenparts finden.
Innovationsmotor Blockchain
Dubai hat das Potenzial der Blockchain-Technologie bereits früh erkannt und mit der „Dubai Blockchain Strategy“ im Jahr 2016 eine
Initiative ins Leben gerufen, die bis zum Jahr 2020 alle administrativen Prozesse der Regierung in die Blockchain heben und darüber hinaus einer Vielzahl von Branchen wie Fin-Tech und Banking, Immobilien, E-Commerce, Tourismus und Gesundheit zusätzliche Impulse verleihen soll.
In Anbetracht der Tatsache, dass Dubai auf Blockchain basierende Innovationen massiv fördert und das Emirat über einen hohen Anteil einer jungen, technologieaffinen Bevölkerung verfügt, steht zu erwarten, dass diese Technologie hier eine schnelle Entwicklung und Adoption durch die Nutzer erfahren wird. Dabei ist der Vormarsch von auf Kryptowährungen basierenden Zahlungssystemen nur ein Teil dieses Umbruchs.
Mindestens ebenso disruptive Auswirkungen wird der Einzug der Blockchain auf praktisch alle Prozesse, die den Erwerb und die Verwaltung von Immobilien tangieren, haben.
Aufsichtsrechtliche Situation
Nach der Inkraftsetzung neuer aufsichtsrechtlicher Bestimmungen, in der die Zentralbank der VAE im Januar 2017 virtuelle Währungen und mit solchen durchgeführte Transaktionen vermeintlich als verboten erklärten, folgte kurze Zeit später die
Klarstellung, dass dies nicht Kryptowährungen wie Bitcoin und dergleichen, definiert als „jegliche digitale Einheiten, die als Medien des Tauschs, der Recheneinheit oder eines darauf basierenden Wertspeichers fungieren“, mit einschließe.
Deutlich wurde somit, dass das „Verbot“ sich lediglich auf sogenannte Initial Coin Offerings (ICOs) bezog, bei dem man sich aufgrund des großen Potenzials für zweifelhafte Angebote eine weitere Regulierung vorbehalten wolle.
Basierend auf der ursprünglichen Formulierung der Zentralbank wurde und wird bisweilen weiterhin wahrheitswidrig kolportiert, in den VAE seien Besitz und Handel mit Bitcoin und anderen Kryptowährungen illegal.
Es ist zwar offensichtlich, dass die Zentralbank der VAE – in bester Gesellschaft mit der amerikanischen SEC und anderer Finanzmarktwächter – sich schwer damit tut, mittels geeigneter Definition regulierungspflichtige von nichtregulierungspflichtigen Bereichen der Blockchain-Technologie abzugrenzen. In Anbetracht der Offenheit jedoch, mit denen die VAE Kryptowährungen jetzt schon begegnen, halte ich eine vollkommene künftige Kehrtwende im Sinne eines (versuchten) Verbots digitaler Währungen für hochgradig unwahrscheinlich.
Krypto Quo Vadis
Selbst wenn man dem oft geäußerten Kritikpunkt, Kryptowährungen besäßen keinen intrinsischen Wert, nicht folgen mag bzw. diese Eigenschaft vielmehr als Gemeinsamkeit mit staatlichem Fiat-Geld sieht, ist es mehr als verständlich, dass Kryptocoin-Eigentümer in Anbetracht schwindelerregender Kursgewinne und einer weiterhin hohen Volatilität Gewinnmitnahmen per Tausch in „Hard Assets“ wie Unternehmensanteile, Edelmetalle oder Immobilien erwägen.
Regelmäßig wird, ähnlich wie beim Bargeld, unterstellt oder insinuiert, intensive Nutzer der jeweiligen Währungen bzw. Wertspeicher seien überwiegend zweifelhafte Charaktere. In Anbetracht der Tatsache, dass Bitcoin binnen kurzer Zeit außergewöhnlich an Wert und Verbreitung zugenommen hat und vor dem Hintergrund des Missbrauchs des Geldschöpfungsmonopols durch eine Reihe von Zentralbanken, (u.a. durch verdeckte Staatsfinanzierung sowie finanzielle Repression) halte ich diesen Vorwurf für nicht haltbar.
Hinzu kommt, dass Kryptocoin-Börsen als Gatekeeper zwischen Fiat- und „virtuellem“ Geldsystem regelmäßig den gleichen geldwäscherechtlichen Bestimmungen unterworfen sind wie andere Finanzinstitute. Bei Erwerb größerer Mengen Kryptocoins gegen z.B. Euro oder Dollar und erfolgter Preisgabe der Identität ist die so oft kritisierte Anonymität solcher Transaktionen somit ohnehin eine Chimäre.
Ich bin überzeugt davon, dass das Gros der Nachfrager nach Kryptowährungen diese explizit als das stabilere Geld ansieht und in diesen das geeignete Vehikel zum erfolgreichen Kontern potenzieller staatlicher Enteignungsmaßnahmen – sei es die schleichende Variante durch Inflation, sei es eine abrupte durch Währungsreform – erkennt.
Vor diesem Hintergrund ist es für den Nutzer nur folgerichtig, beim Tausch „Krypto- gegen Hard-Asset“ eine Anlageform vorzuziehen, bei der laufende Erträge wie auch Veräußerungserlöse aus der Investition in Kryptowährung eingenommen werden können.
Ausblick
Aufgrund der für gewöhnlich sehr schnellen Adoption technologischer Innovationen in Dubai halte ich es für überaus wahrscheinlich, dass unter anderem aufgrund geringerer Überweisungs- und Transaktionsgebühren schon in wenigen Jahren eine Vielzahl der Käufer bzw. Mieter virtuelle Währungen beim Immobilienkauf wie auch zur Erfüllung von Mietverträgen bevorzugen werden. Zudem werden neue Zahlungsprovider den nahtlosen Wechsel zwischen Fiat- sowie unterschiedlichen Kryptowährungen ermöglichen.
Sicher ist hingegen, dass Blockchain-Technologie bzw. Smart Contracts in praktisch allen Regierungsbereichen, darunter auch der Grundbuchverwaltung (
Dubai Land Department) sowie bei anderen öffentlichen und privaten Anbietern dieses Sektors Einzug halten und so eine Vielzahl von Verbesserungen bis hin zu dezentral durchführbaren Grundbuchtransaktionen mit sich bringen werden.
Wenngleich eine vollkommene Anonymität bei der Durchführung von Immobilientransaktionen mittels Kryptowährungen naturgemäß nicht gegeben ist, weisen doch die in virtuelle Währungen rückübertragenen Werte eine (potenziell) höhere Sicherheit auf, bieten sie doch konzept-immanenten Schutz gegen Kapitalverkehrskontrollen, Konfiskation oder ähnliche Zwangsmaßnahmen.
Im Segment der Off-Plan-Immobilien werden schon bald alle namhaften Projektentwickler den Kauf von Immobilieneinheiten gegen Kryptowährungen anbieten, zudem werden sich Makler auf die Vermittlung von Immobilientransaktionen gegen Zahlung mittels Bitcoin und anderen spezialisieren.
Weiterhin ist damit zu rechnen, dass das sich in den VAE stark entwickelnde Segment der börsengelisteten Real Estate Investment Trusts (REITs) auf Blockchain-Technologien basierende Lösungen zum Erwerb und Handel von Anteilen einführen wird.
In Anbetracht der Aktualität und Dominanz dieses Themas insbesondere für den Immobiliensektor werde ich auch in künftigen Beiträgen auf aktuelle Entwicklungen eingehen.
Wenn Ihnen dieser Beitrag gefallen hat, können Sie den Newsletter
hier abonnieren.
Der Autor berät institutionelle Investoren zu Immobilientransaktionen und betreut Mietportfolios in Dubai seit dem Jahr 2007.
Sollten Sie Rückfragen oder Anmerkungen zu diesem Artikel haben, kontaktieren Sie Herrn Atzert bitte unter author@property-blog-dubai.com.